Nein.

So ein inflationär gebrauchtes Wort. Dabei ist es ein Wort mit großer Macht und Stärke. Es ist ein wichtiges Wort. Eins, das Kinder schon früh beigebracht bekommen sollten. Denn es ist das einzige Instrument, das man einem Kind in die Hand geben kann, um Grenzen zu ziehen.

 

Unserem Sohn haben wir schon früh beigebracht, dass das Wort Nein ein ganzer Satz ist. Es bedarf keiner weiteren Begründung. Wenn das Nein aus einem Gefühl heraus entsteht und man noch nicht näher erklären kann, warum, ist das Nein vollkommen ausreichend und selbsterklärend.

 

Es geht dabei nicht darum, einer Ablehnung Ausdruck zu verleihen. Es geht um klare Grenzen.

 

Einige Personen gegenargumentieren in etwa so: "Aber wenn dein Kind das Wort Nein erstmal kennt, wird es immer zu allem "Nein!" sagen. Zimmer aufräumen? Nein. Schuhe anziehen? Nein. Usw."

 

Jedes Kind ist anders. Deshalb kann ich nur erzählen, wie es bei uns ist. Unser Sohn kennt den Wert dieses kurzen Wortes. Deshalb benutzt er es nicht oft. Und er lehnt das Zimmeraufräumen nur selten mit einem "Nein!" ab. Weil er um die Bedeutung dieses Wortes weiß, sagt er eher sowas, wie "Oooooch, ich wollte aber doch noch spielen!"

 

Nein ist radikal. Nein ist oft nicht nett. Das stimmt schon. Aber ein Nein aussprechen zu können, kann lebenswichtig sein.

 

Ausreichend Mut und Selbstbewusstsein zu haben, um zu Onkel Willi sagen zu können "Nein, ich möchte nicht, dass du meinen Popo anfasst!", kann die Seele deines Kindes retten.

 

Ausreichend Schneid zu besitzen, um sagen zu können "Nein, du darfst das Kind nicht hauen! Hör auf damit!", kann deinem Kind helfen, andere zu beschützen.

 

Ausreichend Wissen über den Wert des Wortes, kann dein Kind am Leben halten, wenn es auf eine Straße laufen will und du einfach nur "NEIN!" schreist. Weil es dann weiß, dass du dieses Wort nicht leichtfertig raushaust, sondern nur dann, wenn es wirklich wichtig ist.

 

"Nein, ich möchte meinen Penis selbst waschen", sagte mein Sohn beim Duschen mal zu mir. Selbstverständlich war das vollkommen in Ordnung und ich lobte ihn dafür, dass er mir diese Grenze so deutlich aufgezeigt hatte.

 

Beim letzten Krankenhausbesuch, hat dieser unglaubliche Fünfjährige dem herumstochernden Arzt entgegengeschleudert: "Nein! Ich will, dass du sofort die Nadel aus meiner Hand ziehst! Jetzt. Sofort."

 

Auch dort lobte ich ihn für sein selbstsicheres Auftreten und das Ziehen einer klaren Grenze. (Hinweis am Rande: Er willigte übrigens von sich aus ein, es an anderer Stelle nochmals zu versuchen.)

 

 

Kann sein, dass man den Leuten gelegentlich mit einem Nein vor den Kopf stößt. Aber scheiß drauf! Es geht hier nicht um Nettigkeiten, sondern um Grenzen. Und Grenzen sind wichtig, um seelisch gesund zu sein und gesund zu bleiben. Das bedeutet absolut nicht, dass man immer bekommt, was man will. Das bedeutet auch nicht, dass man nie wieder aufräumen muss.


Denn wenn das passiert, hast du deinem Kind die Bedeutung des Wortes Nein offensichtlich völlig falsch erklärt.