Ich brauche 'ne Pause!

Heute Morgen titelte ein Onlinemagazin: "Immer mehr Mütter sind von der Mutterschaft ausgelaugt und brauchen eine Pause."
Ja.
Das ist so.
Insbesondere dann, wenn man die Verantwortung (fast) ganz allein trägt. Kinder sind anstrengend, das brauchen wir uns gar nicht schön reden. Kinder sind auch wundervoll, liebenswert, bezaubernd, das Beste, was es gibt. Aber sie sind halt eben auch anstrengend. Die Natur hat beim Menschen vorgesehen, dass das Muttertier sich um ihren Tragling kümmert, bis er selbstständig für sich sorgen kann. Das ist mitunter eine verdammt lange Zeit. (Manche Leute sind mit Mitte vierzig noch nicht so weit.)
Dieses Ausgelaugtsein äußert sich vor allem in Erschöpfung, die auch durch Schlaf nicht wegzubekommen ist, ständige Wut, ständige Sorgen und Ängste und das Dasein fühlt sich an, wie eine einzige offene Wunde und jede kleine Konfrontation mit was auch immer, bohrt in diese Wunde hinein.
Lassen wir Partner:innen mal außen vor, denn es gibt genug Mommys, die haben keine, brauchen keine, wollen keine oder haben eine:n, der/die völlig unbrauchbar ist.
Davon abgesehen, können Partner:innen einen nicht glücklich machen. Das kann man nur ganz allein tun.
Ich hatte irgendwann so einen Moment, in dem ich die Schnauze gestrichen voll hatte, meinem Sohn gegenüber "heile Welt" zu spielen. Es wurde mir auch einfach zu anstrengend. Ich hab ihn mir geschnappt und hab ihm erklärt, dass ich völlig reizüberflutet bin. Das bedeutet, dass mir dann einfach alles zu viel ist. Zu laut, zu hell, zu geruchsintensiv, zu hektisch, zu stressig, zu anstrengend... Und dass ich dann Kopfschmerzen bekomme und mich ganz elend fühle. Und dass ich in solchen Momenten, einfach mal 15 Minuten Zeit, für mich bräuchte.
Beim ersten Mal fand mein Sohn das seltsam, akzeptierte es aber. Inzwischen ist er fünf und wenn ich sage, ich brauche Zeit für mich, sagt er "Okay", gibt mir einen Kuss und sockt ab, in sein Zimmer, wo er sich selbstständig und leise beschäftigen kann. Nach einer halben Stunde kommt er manchmal vorbei und fragt mich, ob es mir schon besser geht. Er weiß, dass "Zeiten nur für mich allein" manchmal nötig sind und zwar für jeden Menschen. Auch für Fünfjährige. Er nimmt sich diese Auszeiten auch - was vollkommen in Ordnung ist!
Ich bereue, dass ich nicht schon viel früher damit angefangen habe, meinem Sohn einfach offen und ehrlich zu sagen, wie's gerade aussieht. Die Gesellschaft zwingt einem auf, seinen Kindern gegenüber immer was von Einhörnern und Regenbögen zu faseln und dass Mommys jeden Tag die Sonne aus dem Arsch scheint. Warum? Das ist unauthentisch. Verlogen und heuchlerisch ist es obendrein! Wir wollen, dass unsere Kinder uns erzählen, wie sie sich fühlen, kriegen es selbst aber nicht geschissen? Wie peinlich ist das, bitte?
Kinder sind keine Porzellanpüppchen, die man vor allem beschützen muss. Vorm Gefühlsleben ihrer Eltern jedenfalls sicher nicht. Kindgerecht erklären, wie man sich gerade fühlt, kann ein Kind schon verkraften. Jedenfalls viel eher, als eine zusammengebrochene Mutter, die scheinbar grundlos gemein und aggressiv wird und die man mit der Kneifzange nicht anfassen kann.
Die Kinder sind ja nicht unsere Feinde!
Ja, sie sind anstrengend - aber nicht in feindlicher Absicht!
Wir sollten anfangen, sie mit einzubeziehen - und zwar so früh, wie möglich. Es ist überhaupt nichts Schlimmes oder Falsches daran, seinem Kind zu sagen, dass man gerade überfordert ist. Dass man gerade wütend oder traurig ist. Das ist kein Zeichen von Schwäche! Im Gegenteil. Indem wir unsere Gefühle vor unseren Kindern zeigen, bringen wir ihnen bei und leben wir ihnen vor, dass man Gefühle nicht verstecken sollte. Dass sie eine Daseinsberechtigung haben. Und: Dass über alles miteinander zu reden, dabei hilft, sich besser zu fühlen.